Brasiliens Energiepolitik unter „Tropen-Trump“ Bolsonaro

Energie Stadtentwicklung

Brasilien ist im Umbruch. Die Bevölkerung hat am 28. Oktober gewählt und sich für den ultrarechten Jair Bolsonaro entschieden. Ab Januar wird er das Land regieren. Was werden die Folgen für Energie, Umwelt und den Kampf gegen den Klimawandel sein?

Jair Bolsonaro in Sao Paulo am 9. August 2018
Jair Bolsonaro in Sao Paulo am 9. August 2018 (c) Shutterstock

Brasilien hat in den letzten Jahren politische Krisen und Korruption (nicht nur im Energiesektor) und die schwerste wirtschaftliche Rezession der Geschichte unter dem liberal-konservativen Präsidenten Temer (PMDB) erlebt. Das Vertrauen in diese Regierungsform ist bei der Bevölkerung gesunken, sodass die Mehrheit (55,1 %) Jair Bolsonaro (PSL) im Oktober zum Präsidenten wählte. Spätestens seit diesem Wahlkampf ist Brasilien tief gespalten; die einen freuen sich auf den „Erlöser“, der das Land aus der Korruption holen soll, die anderen fürchten eine skrupellose Militärherrschaft.

Im Jahr 1990 gewann Jair Bolsonaro ein Mandat in der Abgeordnetenkammer des brasilianischen Kongresses für die PDC. Seitdem, also in 28 Jahren, wechselte er stolze neun Mal die Parteizugehörigkeit. Das einzige, was sich in dieser Zeit nicht geändert hat, ist seine Grundeinstellung: Er ist Befürworter der Militärdiktatur und gegen die Pressefreiheit. Seine Äußerungen, mit denen er u. a. den Wahlkampf gewann, sind von kontrovers, über homophob, frauenfeindlich, sexistisch und zur Gewalt anregend, bis hin zu rassistisch und gegen Flüchtlinge gerichtet. Er plädiert auf ein allgemeines Recht auf Waffenbesitz (vgl. DPA). Gegen Polizisten, die im Einsatz Kriminelle töten, solle nicht ermittelt, sondern einen Orden verliehen werden, sagte Bolsonaro (vgl. TAZ). Man solle künftig auch Kriminelle foltern und ohne Gerichtsverfahren exekutieren dürfen. 

Bolsonaro ignoriert nicht nur den Umweltschutz…

Brasilien ist die neuntgrößte Volkswirtschaft der Welt und eine ernstzunehmende Energiemacht weltweit. Die Nutzung erneuerbarer Energien nimmt zu: In einem durchschnittlichen Monat machen die erneuerbaren Energiequellen mehr als 81 Prozent der Stromerzeugung in Brasilien aus. Im Länderranking kommt Brasilien als Ölproduzent an neunter, als Biokraftstoff- und Wasserkraftproduzent an zweiter (nach China) und als Windkraftproduzent an achter Stelle. Die Wasserkraft ist nach wie vor die mit Abstand wichtigste Energiequelle des Landes und macht, laut eines aktuellen Berichtes der „et“ 67 Prozent der gesamten Stromerzeugung aus.

…er beschleunigt auch die globale Umweltkatastrophe

Brasilien ist aber auch das sechstgrößte Treibhausgas-(GHG)-Emissionsgebiet der Welt und hat seine Lufttemperatur um 0,05 Grad erhöht, das ist im Länderranking Platz vier. Im Rahmen des Pariser Abkommens hatte sich das Land eigentlich verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen bis 2025 um 37% gegenüber den Emissionen von 2005 zu reduzieren. Wichtig dafür ist der Erhalt des riesigen Amazonas-Regenwaldes, denn die grüne Lunge der Erde ist der größte CO2-Speicher der Welt. Die natürliche Vegetation und ihr Wolkendach schützen uns vor einer stärkeren Erdaufheizung. Das Regenwaldgebiet ist Lebensraum von über 40.000 Pflanzen-, 420 Säugetier- und rund 1.300 Vogelarten sowie für etwa 20 Millionen Menschen, vor allem Ureinwohner, so eine Schätzung des WWF. Doch damit ist bald Schluss.

Der „Tropen-Trump“ hat bereits im Wahlkampf den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen angekündigt, unterstützt von seinem Berater Luiz Antonio Nabhan García, der über den Weltklimavertrag sagte: „Wenn er Klopapier wäre, wäre er nur dafür da, um den Hintern zu abzuwischen.“ Bolsonaro beschließt auch ein Vorgehen mit militärischer Härte gegen Beschützer des Amazonas-Regenwalds und die indigene Bevölkerung sowie die Einschränkung entsprechender Aktivitäten internationaler Organisationen: „Wenn ich Präsident werde, gibt es keinen einzigen Quadratzentimeter mehr.“ (vgl. Spiegel.de) Hier solle eine Art rechtsfreier Raum geschaffen werden, in dem seine Sicherheitskräfte ganz legal lokale Proteste mit Waffengewalt bekämpfen und damit zu einem „geordneten“ Brasilien beitragen können. Er will eine Autobahn quer durch den Regenwald bauen und die Rodungen weiter vorantreiben, die bereits in den vergangenen Jahren neue Höchststände erreicht hatten. Darüberhinaus will er Bergbauaktivitäten in Naturschutzgebieten neu zulassen und das gewonnene Land wirtschaftlich nutzen. Dazu zählen Holzhändler, Rohstoffkonzerne, die Minen eröffnen wollen, sowie vor allem das Agrobusiness, das weitere Flächen für Soja- und Maisplantagen sowie Rinderhaltung benötigt.

Durch seine neoliberale Haltung könnten vielerlei Subventionen und Anreize bei erneuerbaren Energien wie Solar- und Windkraft beseitigt werden. Generell gehört Bolsaros Meinung nach das Umweltministerium künftig abgeschafft. Er bevorzugt fossile Brennstoffe und plant daher die Steuern auf fossile Brennstoffe zu senken. Auch die Zukunft von Electrobras (dem größten Stromproduzenten Lateinamerikas) und Ölriese Petrobras ist unter Bolsonaro noch ungewiss, auch wenn er bislang keine klaren Aussagen gemacht hat. Sein Regierungsplan besagt, dass der Energiesektor „einen liberalen Schock“ brauche und dass Bolsonaro einige Unternehmen privatisieren möchte. Die Börse bejubelt das, denn der Wahlsieger hat ohne Berater Paulo Guedes keine Ahnung von Wirtschaft (daraus macht er selbst keinen Hehl). Die Behörden gehen davon aus, dass mit der Privatisierung von Eletrobras rund zwölf Milliarden Reais (knapp drei Milliarden Euro) erzielt werden könnten. Geschätzt besitzt Brasiliens die 15. größten Ölreserven der Welt. Würde Petrobas privatisiert, könnte das die Schulden Brasiliens zunächst weiter reduzieren und Investoren könnten direkt an die Ölquellen Brasiliens gelangen. Petrobas ist seit Jahren in einen Korruptionsskandal verwickelt, aber dennoch ist das Unternehmen eine stetige Einnahmequelle für den Staat, die bei einer Privatisierung wegfallen würde. „Brasilien fehlen dann dauerhaft wichtige Einnahmen und Devisen“, erklärt Helge Müller, Chief Investment Officer und Brasilienspezialist bei Genève Invest in Genf dem Focus.

„Bolsonaro ist das Schlimmste, das der Umwelt passieren konnte“

„Man kann es gar nicht schönreden“, sagte Paulo Artaxo, Klimaexperte der Universität São Paulo, gegenüber dem Wissenschaftsmagazin „Science“. „Wir laufen auf eine sehr dunkle Zeit in Brasiliens Geschichte zu.“ Bolsonaros umweltpolitische Pläne für Brasilien haben fatale Konsequenzen für die Klimapolitik und bedeuten einen großen Rückschritt, nicht nur für das eigene Land, sondern global.

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