Mit dem Sammeltaxi in die Berge

Mobilität

Die Vorteile des Autos haben sich in vielen ländlichen Gebieten in Abhängigkeiten verwandelt. Erste Initiativen in Europa wollen das jetzt ändern.

Seit Februar 2014 befördert das Sammeltaxi der Firma "Weißenböck" Niederösterreichische Schüler zum Unterricht.
Seit Februar 2014 befördert das Sammeltaxi der Firma „Weißenböck“ Niederösterreichische Schüler zum Unterricht. RM NÖ

In Österreich sind 680.000 Menschen älter als 75 Jahre. Ihre Zahl wird bis 2030 auf über eine Millionen steigen. „Diese Gruppe ist besonders gefährdet, wenn es um den Verlust der eigenen Mobilität geht“, sagt Markus Gansterer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ).

Das gilt besonders auf dem Land, wo mit Mobilität vor allem Autofahren gemeint ist. Denn im Gegensatz zu den großen Ballungsräumen werden öffentliche Verkehrsmittel hier eher abgebaut. „Wer selber nicht mehr fahren kann oder kein eigenes Auto besitzt, ist dann von anderen abhängig“, sagt Gansterer. Das würde Alte, Kinder aber auch viele Frauen betreffen.

Das Sammeltaxi macht Ortschaften wieder attraktiv

In der Region Niederösterreich gehört Regina Rausch zu denjenigen die dieses Problem lösen wollen. Sie arbeitet für das Mobilitätszentrum „n-mobil“. Bei der Planung öffentlicher Verbindungen steht Rausch und ihr Team vor dem Problem, dass Wohnhäuser und wichtige Anlaufstellen wie Ärzte oder Einkaufsmöglichkeiten oft weit auseinanderliegen. Gleichzeitig ist der Anteil an Personen, die öffentlichen Verkehr nutzen würden sehr gering, ein fester Linienbus sich also nicht mehr lohnen würde. Der wäre „emissionell und finanziell nicht tragbar“, sagt Rausch.

Im unglücklichsten Fall ist eine Region damit so unattraktiv, dass Geschäfte im Ortskern schließen und sich in Form von großen Einkaufszentren am Rande der bewohnten Gebiete ansiedeln. Denn das würde wiederum die Abhängigkeit vom Auto erhöhen. In Niederösterreich hat sich als Antwort auf dieses Problem das Sammeltaxi oder der Gemeindebus durchgesetzt. Das Sammeltaxi setzt dabei auf eine Kooperation mit einem bestehenden Transport- oder Taxiunternehmen. Der Gemeindebus wird zumeist von ehrenamtlichen Fahrern gelenkt. Nach vorheriger Anmeldung fahren sie ihre Passagiere von Haustür zu Haustür. Sie würden die „berühmte letzte Meile“ einer Mobilitätskette aus Bus und Bahn abdecken, sagt Rausch.

Eine Petition für mehr Öffis

„Nur wenn ich den kompletten Weg bis zu meiner Haustüre ohne Auto zurücklegen kann, nutze ich den öffentlichen Verkehr überhaupt.“ Beide Formen kosten die Gemeinde aber Geld. Nur 20 bis 30 Prozent der laufenden Kosten könnten über den Ticketpreis wieder eingespielt werden, heißt es bei n-mobil. Den Rest muss die Gemeinde aufbringen oder über Förderungen finanzieren.

Auch in anderen Regionen Europas ist das Sammeltaxi oder der Gemeindebus die erste Wahl, um ländliche Gebiete attraktiver zu gestalten. In England gibt es das TaxiPlus, in Frankreich das Taxitub oder in der Schweiz das Publicar. Doch es fehle an einer übergeordneten Strategie der Regionen in Europa, sagt Markus Gensterer vom VCÖ. Einige Länder hätten aber schon „Best Practice Beispiele“ geliefert: „In den Schweizer Kantonen gibt es beispielsweise feste Vorgaben, wie oft ein öffentliches Verkehrsmittel durch eine Ortschaft fahren muss. Selbst in abgelegenen Gebieten verkehrt dann stündlich ein Gemeindebus.“

Um das Problem bekannter zu machen, hat der VCÖ vor Kurzem eine online Petition für verbesserte Qualität und ein flächendeckendes Netz öffentlicher Verkehrsmittel in Österreich gestartet.

Fotos: RM NÖ

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