Warum die Hitzewelle auch im Winter noch zu spüren ist

Mobilität Produktion Wasser

Das Wasser war weg, also gab es kein Benzin mehr. Im Süden Deutschlands war Ende 2018 das Benzin um 30 Cent teurer als im Norden, Schuld war die Hitzewelle im Sommer. Wegen des ausgebliebenen Regens waren die Pegelstände des Rheins, aber auch in anderen Flüssen Deutschlands wie der Elbe dieses Jahr historisch niedrig. Der Wassernachschub in der Spree war so gering, dass sich die Fließrichtung des Wassers teilweise umgekehrt hatte. Deshalb durften große Tanker dort zwischenzeitlich nicht mehr fahren oder nur 30 bis 40 Prozent der Last transportieren. Straßen und Schienen waren als Kompensierung nicht ausreichend.

Inland ship tanker with gas transportation on the Wesel Datteln Canal by Hunxe Germany with autumn trees alongside the canal (c) Shutterstock

Kein Wasser, kein Benzin

Die Folgen der heißen Wochen im Sommer wurden erst Monate später sichtbar. „Ein Thema wurde das Niedrigwasser erst, als die Rohölpreise ab Anfang Oktober sanken und dieser Preisvorteil an die Verbraucher hätte weitergegeben werden müssen“, sagte ADAC-Mitarbeiter Boos der „Welt“. Regional betroffen von dem Niedrigwasser und seinen Folgen waren der Westen und Südwesten Deutschlands. Dort kam es zu Versorgungsengpässen, an einigen Tankstellen war das Benzin komplett ausverkauft. Die Transportkosten auf der Rheinroute stiegen zwischenzeitlich auf das Sechsfache an. Die Schifffahrt ist äußerst wichtig für den Benzintransport – 25 bis 50 Prozent werden mit Schiffen transportiert. Entlang des Rheins liegen zahlreiche Tanklager und Raffinerien. 

Erst zu Weihnachten wurden Benzin und Diesel wieder günstiger – die Preise sind da sogar deutlich stärker gesunken als im Vorjahr. Im Januar haben sie sich wieder etwas harmonisiert, doch teurer bleibt es im Süden trotzdem. Dass sich Benzinpreise verändern und schwanken ist normal, aber dass aufgrund von Logistik diese so variieren, ist ungewöhnlich, denn der Transport macht eigentlich nur einen sehr kleinen Teil des Benzinpreises aus. Normalerweise entscheidet der Rohölpreis am Weltmarkt über den Preis. Ein Barrel der Ölsorte Brent (Fass mit 159 Litern) wird für 43 bis 62 Euro gehandelt – und dort entstehen die Schwankungen, die Konsumenten an der Tankstelle erleben. Ein weiterer Grund für die Preisgestaltung: Anfang September kam es im bayerischen Vohburg in einer Raffinerie von Bayernoil zu einer schweren Explosion. Diese Raffinerie hatte weite Strecken beliefert, durch den Unfall war die Situation vielerorts noch angespannter. 

Bis zu 15 Mal am Tag werden die Preise an der Tankstelle angepasst – es kann zu Preisvariationen von mehr als zehn Cent kommen. Normalerweise liegt das am gegenseitigen Über- und Unterbieten der Tankstellen in der Hoffnung auf höheren Absatz. Doch in diesem Winter hat das knappere Angebot an Benzin den Wettbewerb verändert. Niemand wollte sein Benzin verschleudern, solange nicht sicher war, ob am nächsten Tag nachgeliefert würde – und damit blieben die Preise hoch.

Lieferengpässe durch „neues Klima“ in allen Bereichen der Industrie

Abgesehen von den Landwirten, die die Hitze, Dürre und Folgeschäden heftigst zu spüren bekamen, waren Lieferengpässe auch bei anderen Produkten und Unternehmen gravierend. Beispielsweise bekam Thyssenkrupp nicht mehr ausreichend Rohstoffe für sein Stahlwerk in Duisburg und fuhr daraufhin die Stahlproduktion zurück. Das Unternehmen teilte mit, dass es gegenüber seinen Kunden „Höhere Gewalt“ geltend gemacht habe. 

Auch die BASF musste ihre Produktion drosseln, da die Anlieferung von Rohstoffen stockte und nach eigenen Angaben im 3. Quartal 2018 rund 50 Millionen Euro verlor. Das haben Apotheken zu spüren bekommen, die „Ibuprofen“ irgendwann nicht mehr im Sortiment hatten.

Auch Kohle- und Atomkraftwerke sind auf Kühlung aus Flüssen angewiesen. Sie mussten in den heißen Monaten ihre Leistung um zehn Prozent reduzieren. Dabei geht es vor allem darum, die Gewässer und deren Flora und Fauna zu schonen, aus denen die Kraftwerke ihr Kühlwasser beziehen.

Durch die Hitze waren Getränke nachgefragter als anscheinend erwartet. Viele Kunden haben wohl mehrere Glasflaschen auf Vorrat gekauft und die leeren Kisten nicht wieder zurückgebracht, sodass es bei der Produktion an dieser Stelle stockte. Die großen Anbieter riefen die Kunden dazu auf, ihr Pfand zurück zu bringen, damit die Flaschen wieder befüllt werden konnten.

Mittlerweile fällt in Deutschland wieder jede Menge Niederschlag und jetzt ist das Gegenpol-Wetterextrem wieder da: Hochwasser. Doch mit vollen Flüssen ist es nicht getan, die Folgeschäden der Dürre 2018 bleiben und ziehen sich fort. Dabei kommt die Frage auf, was geschehen könnte, wenn sich die extremen Wetterverhältnisse in diesem Jahr wiederholen.

Fahrdienste lohnen sich – aber nur Öffis entlasten

Mit dem eigenen Auto in die Stadt fahren wird also immer teurer. Fahrdienste wie Uber und co. schaffen sich bei Benzinpreisen über 1,65 € erneut Gehör. Bei privaten Fahrten muss immer noch die Suche nach einem Parkplatz miteinberechnet werden. Das sind in deutschen Innenstädten immerhin bis zu einem Drittel der Fahrkilometer – und damit auch höhere Benzinkosten. Fahrdienste lohnen sich in der Innenstadt, doch sie entlasten damit nicht den Verkehr, da in den Uber-Fahrzeugen genauso zumeist nur eine Person mitfährt und nicht das eigene Auto ersetzt, sondern nur ergänzt. Nur die öffentlichen Verkehrsmittel und Car-Sharing haben eine nachhaltige Wirkung. Zum einen kann es das eigene Auto überflüssig machen. Das entlastet die Städte von herumstehenden Autos. Zum anderen sind Carsharing-Nutzer zumeist offener eingestellt gegenüber einem Mobilitätsmix aus Bus, Bahn, Fahrrad, Auto- oder Roller-Leihen und Zufußgehen. 

Insgesamt gibt es in Deutschland mittlerweile mindestens 165 verschiedene Carsharing-Anbieter, bei denen über 2,1 Millionen Bundesbürger Anfang 2018 registriert waren, davon zu neun Prozent bei zwei oder mehr Anbietern. Die tatsächliche Nutzung liegt allerdings unter diesen Registrierungszahlen. Der Elektro-Anteil in den Car-Sharing-Flotten ist mit zehn Prozent rund hundert Mal höher als im nationalen Pkw-Bestand. 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert