FastCast – „Je schneller, desto besser!“

Technologie

„FastCast“ will den Online-Newsmarkt weltweit revolutionieren. Die Videoagentur hat einen Rucksack entwickelt, der die Leistung eines Ü-Wagens hat und von einem einzelnen Journalisten bedient werden kann. Vom Ereignis bis zum abrufbaren Video auf einer News-Seite sind es somit nur noch wenige Minuten. SmartCitiesConsulting hat mit „FastCast“-Gründer Harald Hackenberg gesprochen:

SCC: Herr Hackenberg, was ist FastCast? Hackenberg: Ein neues Berichtsmodell für Journalisten. Es ist eigentlich ein völlig neuer journalistischer Workflow, der sehr stark auf Technologie setzt und letztlich ein altes journalistisches Postulat neu belebt. Nämlich, dass Informationen für den Nutzer umso wichtiger sind, je schneller und relevanter sie sind.

Harald Hackenberg ist der Erfinder des "ChatPacks" und Gründer von FastCast
Harald Hackenberg ist der Erfinder des „ChatPacks“ und Gründer von FastCast

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Journalisten in die Lage zu versetzen, von überall, wo sie gerade sind, unmittelbar und sofort mittels Video berichten zu können.

SCC: Wie ist der Ablauf, bis ein Videobeitrag in einem Medium eingebettet ist? Hackenberg: Der Journalist begibt sich an den Ort des Geschehens und braucht weiter eigentlich nichts. Er hat sein „ChatPack“ bei sich; dass ist ein Rucksack, indem Batterie für einen ganzen Tag und irre viel Technik drinnen ist.

Dieser Rucksack sorgt letztlich autonom für perfektes Bild und professionellen Ton. Die Kamera nimmt das Bild auf, das auch der Journalist vor Ort hat. Er muss sich im großen und ganzen weder um Technik, noch um Bild oder Ton kümmern. Das heißt, der Journalist schaut sich an, was vor Ort gerade geschieht; schaut sich an, wer eventuell als Interviewpartner zur Verfügung steht und startet dann die Aufzeichnung.

„Ein FastCast-Journalist kann 40 Stories am Tag machen“

Nach der Aufzeichnung kann der Journalist dann entscheiden, ob ihm die Geschichte gefallen hat oder nicht. Er sagt dann „Go“ oder „No Go“. Dann wird die Story – auch wieder ganz autonom von unserer Technik – in unsere Cloud übertragen. Dort wird der Videobeitrag entgegengenommen, wird von uns noch mal technisch in Bild und Ton überarbeitet und dann gleichzeitig für all unsere Partner angepasst. Sie bekommen ein individuelles Logo und eine Signation. Das geschieht alles völlig automatisch und üblicherweise ist so eine Geschichte zwei bis drei Minuten später online.

SCC: Gilt für den Journalismus: Je schneller, desto besser? Hackenberg: Im Journalismus ist es ja immer so, dass je schneller, desto besser ist. Bislang hat das im Fernsehbereich aber einen unglaublichen technischen Aufwand bedeutet, siehe Ü-Wagen und ähnliches. Wir haben das reduziert auf einen kleinen Rucksack, der sechs Kilo wiegt. Die nächste Version wird übrigens nur noch drei Kilo haben. 

Wir sind so eine Art „liquid Enterprise“ – also eine Firma, die gar keine physische Repräsentanz braucht. Unsere Kollegen sind ja den ganzen Tag draußen. Sie müssen nie in die Redaktion zurück. Sie müssen nichts nachbearbeiten; die können sich von einem Ereignis zum nächsten bewegen und von überall berichten. Ein FastCast-Journalist kann 20, 30, 40 Stories am Tag machen. Und aus der Zahl der Stories und der Zahl der Mitarbeiter, die wir haben entsteht eine Form von journalistischem Pluralismus, der das Potenzial hätte, die Medienlandschaft schon deutlich zu verändern.

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SCC: Was halten sie denn von dem alten System Kamerateam? Vielleicht sogar mit Tonleuten? Ist so etwas überflüssig geworden? Hackenberg: Nein. Das ist überhaupt nicht überflüssig und wir wollen das auch gar nicht substituieren. Ein gut recherchierter, gut gemachter und aufwendig produzierter Fernsehbeitrag ist durch das, was wir tun überhaupt nicht zu ersetzen ABER zu ergänzen! Um eine gute Geschichte zu machen braucht es üblicherweise ein paar Stunden oder man nimmt einen Ü-Wagen. Aber das spielt sich in einer Preisklasse ab, da reden wir von Zehner- oder Hunderterpotenzen über dem, was FastCast an Aufwand und Kosten verursacht.

Wir sind sicher kein Ersatz aber wir sind eine Ergänzung. Vor allem für Onlinemedien, die damit zum ersten Mal schneller sein können als Fernsehen. Onlinemedien können die Story innerhalb von Minuten online haben. Beim Hauseinsturz in der äußeren Mariahilferstraße war das beispielsweise so. Da tut sich in Wahrheit ein riesiger Markt auf.

Live-Chats und Interaktionen mit dem Publikum

SCC: Wie könnte FastCast den Journalismus, so wie wir ihn jetzt kennen, verändern? Hackenberg: Ich denke alleine durch die Geschwindigkeit und Authentizität der Berichterstattung, entsteht für den Zuschauer ein völlig neues Bild. Wenn Sie sich überlegen, wie sehr Twitter mit den beschränkten Möglichkeiten der Textform unsere Wahrnehmung von Ereignissen schon verändert hat, kann man vielleicht ermessen, was uns bevorsteht.

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Auf Twitter sind die „Cyborgs“ von „FastCast“ schon bekannt

Wir sind fast genauso schnell wie Twitter, liefern dafür aber einen 73 Sekunden langen und professionell kommentierten Videobericht, der einen dramaturgischen Bogen hat und der in professioneller Audio- und Videoqualität daherkommt. Also, das kann schon eine ganze Menge.

SCC: Haben Sie schon an live-chats oder Interaktion mit dem Zuseher gedacht? Hackenberg: Ja. Das ganze Konzept geht über die reine Berichterstattung bei Weitem hinaus. Sagen wir mal so: Wir haben noch lange nicht alle Stufen dieser Rakete gezündet. Die hat noch ein paar.

SCC: Elke Glassner hat gegenüber dem Medienmanager gesagt: „Je besser die Smartphones werden, desto eher verliert FastCast an Bedeutung.“ Fürchten Sie sich vor guten Smartphones? Hackenberg: Nein. Selbstverständlich kann ein Smartphone auch manches leisten aber: Smartphones sind  immer User-Generated Content. Und ein professionelles Medium kann keine Werbung um User-Videos platzieren. Zweitens, sind Handyvideos lange nicht so professionell. Smartphones sind im Segment unter uns komplett wunderbar. Und im Segment über uns sind die Kamerateams, die gute Beiträge machen. Da dazwischen ist aber ein weiter Bereich und da ist FastCast völlig allein.

SCC: Wie soll es mit FastCast weitergehen? Hackenberg: Das Konzept selber, die Technik, der Workflow schreit danach es auch international einzusetzen und das hatten wir auch von Anfang an vor. Wir werden aller Voraussicht nach nächstens Monat beginnen in Deutschland Sportberichterstattung zu machen. Das Sportsegment ist eines, das sich ausgezeichnet für diese Form der Berichterstattung eignet. Die Coverage des Wettkampfes selbst können die Kameras mit den weiten Brennweiten besser. Aber alles was drumrum ist, Stimmungsberichte, Interviews mit Zuschauern, Sportlern und Protagonisten. Das starten wir.

Harald Hackenberg hat lange Zeit selbst als Fernsehjournalist gearbeitet und war maßgeblich am Aufbau der Privatfernsehsender „Puls4“ und „ATV“ beteiligt. 2003 hat er „F5“ gegründet, ein „Think-Tank“  für die Verbindung von Medien und IT. „FastCast“ wurde 2013 zum ersten mal auf den Medientagen Wien vorgestellt. Dieses Jahr haben sie zusammen mit Dossier und Neuwal den Medienzukunftspreis verliehen bekommen.

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