„Hitze in der Stadt“: Wie sich kleine und mittlere Städte in Europa an den Klimawandel anpassen

Stadtentwicklung

Der heiße Sommer des Jahres 2002 hat in Europa rund 30.000 Menschenleben gefordert. Steigende Temperaturen und größer werdende Städte könnten die Auswirkungen von Hitze noch drastischer werden lassen. Die Europäische Kommission rechnet für die Jahre 2071 bis 2100 mit 152.000 Hitzetoten in Europa pro Jahr – wenn sich nichts ändert.

Städte sind von den steigenden Temperaturen am meisten betroffen weil die intensive Verbauung der Stadt Hitze speichert. Viele größere Städte wie Berlin, München, London oder Paris setzen schon längst auf eine ausgefeilte Klimastrategie. Vielen kleineren und mittelgroßen Städten in Europa fehlt es aber an grundlegenden Daten, Finanzierung oder sogar an Problembewusstsein. Eine Studie aus Österreich könnte das jetzt ändern.

Klimastrategien: Kleine und mittelgroße Städte

„Kleine Städte können die gleichen thermischen Probleme haben, wie große Städte.“ Linda See arbeitet für das Internationale Institut für Angewandte Systemanalysen (IIASA). IIASA leitet das Projekt „ADAPT-UHI“, dass es sich zur Aufgabe gemacht hat kleine und mittelgroße Städte fit für den Klimawandel zu machen. „Viele kleine Städte haben einen hoch urbanisierten Kern und eine große Anzahl an versiegelten Gebäuden in der Stadtmitte, genau wie große Hauptstädte. Das macht sie anfällig für die gleichen Probleme“, sagt See. Das Projekt ADAPT-UHI sammelt jetzt Daten, um drei kleine und mittelgroßen Städte in Österreich mit der Datenlage auszurüsten, die auch Hauptstädte in Europa genießen.

Das Stadtklimamodell von Klagenfurt. Man sieht, dass die Jahre 2071-2100 wesentlich heißer prognostiziert werden
Klagenfurt: Tage mit Temperaturen über 25 Grad Celsius. Links: Jahre 1981-2000. Rechts: Jahre 2071-2100. Quelle: ZAMG

“Ich kann mir einige Szenarien vorstellen die wirklich Spaß machen“, sagt See. „Wir könnten etwa alle Dächer in einer Stadt begrünen. Worum es uns aber geht, ist, dass die Städte uns sagen: ‚Wir planen das und das für die Zukunft’ und dann integrieren wir diesen Plan in unser Modell. Oder: ‚Wir wollen wissen, was passiert, wenn wir diese und diese Gebiete stärker begrünen. Wie könnte das Urbane Hitzeinseln beeinflussen?’ Wir werden also mit ihnen zusammenarbeiten, um realistische Zukunftsszenarien für ihre Stadt zu entwickeln.“

Eine Risikoanalyse für Menschen in Städten

Die österreichischen Städte Mödling, Klagenfurt und Salzburg stehen im Fokus der Studie. Geplant ist aber, dass ganz Österreich von der Studie profitiert. Eine „Urban Heat Risk Map“ soll allen kleinen und mittelgroßen Städten ihren Risikograd für urbane Hitze aufzeigen. Anders als bei anderen Risikokarten konzentrieren sich die Forscher und Stadtplaner hier nicht nur auf Bebauung und Versiegelungsgrad, sondern auf die Betroffenen.

„Unser Ziel ist eine Risikokarte, die sich auf Menschen bezieht“, sagt Alexander Storch. Er arbeitet für das österreichische Bundesumweltamt, das die Risikokarte mit entwickelt. „Statistiken zeigen, dass Menschen die chronisch krank sind, übergewichtig oder einfach älter als 65 Jahre, häufiger und viel schwerer von extremer Hitze betroffen sind. Deshalb konzentrieren wir uns auf diese Gruppen bei der Entwicklung der Urban Heat Risk Map. Gebiete, in denen ein großer Teil der Bevölkerung als hitzeanfälliger gilt, werden demnach mit einem höheren Risiko eingestuft.

Individuelle Klimastrategien für Städte

Das Raster der Karte ist mit einem Quadratkilometer eher grob, soll StadtplanerInnen aber als erste Referenz für eine eigene Strategie zur Anpassung an den Klimawandel dienen. Maja Zuvela-Aloise von der österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) ist sich aber sicher, dass viele ProjektleiterInnen sehr erfreut über die Daten sein werden.

„Es wurde sehr viel Bedarf angemeldet, sehr viele Städte wollen eine Klimaanpassungsstrategie entwickeln. Hitze ist schon jetzt ein großes Problem und wird sich in Zukunft noch verstärken.“ Gemeinsam mit der ZAMG arbeitet Zuvela-Aloise an drei Projekten in Österreich, die Städte bei einer individuellen Klimaanpassungsstrategie unterstützen wollen.

CLARITY vernetzt StadtplanerInnen

Neben ADAPT-UHI sind das die Projekte GREEN.RESILIENT.CITY, bei dem ForscherInnen Klimaanpassungsstrategien für alte und neue Stadtteile der österrechischen Hauptstadt Wien entwickeln sowie das Projekt CARITY. Dort werden die Klimaanpassungsstrategien für Bauprojekte aus verschiedenen Gebieten in Schweden, Spanien, Italien und Österreich verglichen, um von verschiedenen Ansätzen zu profitieren.

“Letztendlich zeichnet sich jede Stadt und jedes Bauprojekt durch unterschiedliche Voraussetzungen aus”, sagt Zuvela-Aloise. “Was sie gemeinsam haben, ist dass sie alle dringend eine Strategie für die kommenden Jahre brauchen.”

Links:

Project ADAPT-UHI in Zusammenarbeit mit ACRP (Austrian Climate Research Programme) des Klima-und Energiefonds:
http://www.iiasa.ac.at/web/home/research/researchPrograms/EcosystemsServicesandManagement/Urban_Heat_Islands.html

Project GREEN.RESILIENT.CITY in Zusammenarbeit mit „Stadt der Zukunft“ der FFG (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft):
nachhaltigwirtschaften.at/de/sdz/projekte/Gruene-und-resiliente-stadt.php

Projekt CLARITY:
http://clarity-h2020.eu/

Foto Titel: Andocs / Shutterstock.com

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