Elektroautos – unsere Zukunft?

Energie Mobilität Recycling

In größeren deutschen Städten spürt man bereits den Wandel. Gratis-Parkplätze in der Innenstadt? Nur für Elektroautos. Parkplätze im Eingangsbereich vor einem Supermarkt? Reserviert für Elektroautos. Die Bevölkerung wird animiert umzusteigen. Bis 2020 sollen laut Sigmar Gabriel (SPD) mindestens eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen rollen. Laut Statista waren es am 1. Januar 2018 knapp 54.000 Elektroautos. 

Im Kampf gegen CO2 baut die Autoindustrie zunehmend elektrische Antriebe, denn sie stoßen kein klimaschädliches Gas aus. Damit sind wir auch weniger abhängig von fossilen Brennstoffen, ein eindeutiger Vorteil. Doch die Bevölkerung zweifelt an einer elektrischen Zukunft, denn:

  • es gebe bislang zu wenig Auflademöglichkeiten in Wohngebieten.
  • es seien nicht genügend Rohstoffe vorhanden, um die aufwändig produzierten Batterien herzustellen,
  • Elektroautos seien nicht die Lösung, um CO2-Ausstöße genügend zu reduzieren.
  • nicht jedermann könne sich aus dem Stegreif einen neuen Elektrowagen leisten, da die Fahrzeuge verhältnismäßig teuer sind,
  • die große Batterie nehme den halben Kofferraum ein,
  • Was die Industrie stets lobend hervorhebt – und was für Anwohner sicher auch ein Vorteil sein mag – ist die Geräuschlosigkeit der Fahrzeuge. Bedenkt man aber, dass sich viele Menschen im Straßenverkehr auf ihr Gehör verlassen, können Elektrofahrzeuge zu einer ganz neuen Gefahr werden.

Damit wird insgesamt die Leistungsfähigkeit der Autos infrage gestellt. Was ist dran an diesen Argumenten?

Um Elektrofahrzeuge umweltfreundlicher als Verbrennungsmotoren zu machen, werden drei Dinge benötigt: bei Weitem mehr regenerativ erzeugte Energie, besseres Recycling, das die Batterien wiederverwendbar macht und drittens eine überholte Verkehrspolitik, bei der der Verkehr vor allem zu Stoßzeiten flüssiger wird. Es muss ein Netz mit Stromtankstellen aufgebaut werden – noch sind die Plätze fast immer frei, doch wenn plötzlich viel mehr Autos im Umlauf sind, kann man sich nicht mehr darauf verlassen, eine Ladung zu bekommen. Sobald der Platzmangel überhandnimmt, sind Streitereien unter den Wartenden nicht ausgeschlossen. 

Sind Elektroautos wirklich „öko“?

An der Produktion und dem Recycling der Akkus wird intensiv geforscht. Die Batterie-Ladezeiten müssen weiter reduziert werden, etwa auf die Dauer eines durchschnittlichen Supermarkteinkaufs. Aber: Eine Schnellladung strapaziert den Akku auch. Die aktuell verfügbaren Fahrzeuge bieten in der Praxis um die 150–500 Kilometer Reichweite; das ist abhängig vom Modell. Kleinwagen kommen nicht so weit wie größere Fahrzeuge, das „e.Go Life„-Auto beispielsweise ist speziell auf Stadttouren ausgelegt und liegt als eines der wenigen unter 20.000€ Kaufpreis, während es für Langstrecken schon ein amerikanischer Tesla oder vergleichbar sein müsste, der mit 350 km Reichweite für ca. 40.000€ erhältlich ist. Im Winter nimmt die Reichweite bei allen Fahrzeugen laut „Auto, Motor und Sport“ um 12–33 Prozent ab.

Elektroautos benötigen sechs bis acht Stunden an einer Haushaltssteckdose bis zur vollständigen Aufladung – wobei eine 100-prozentige Aufladung schädlich für die Batterie sein kann. Die meisten Elektroauto-Besitzer laden ihr Fahrzeug derzeit über Nacht zu Hause auf. Doch gerade Großstadtbewohner verfügen nicht unbedingt über einen Parkplatz mit Stromanschluss oder über ein eigenes Haus mit Garage und sog. Wall-Box. Autohersteller liefern diese zumeist mit dem Verkauf für Zuhause mit.

Noch herrscht meistens gähnende Leere auf den E-Parkplätzen (c) DM
Noch herrscht meistens gähnende Leere auf den E-Parkplätzen (c) DM

Um die zukünftigen Bedürfnisse unserer Gesellschaft also zu erfüllen, ist eine enorme Verbesserung der Leistungsfähigkeit vonnöten. Diese Autobatterien müssen andere Zwecke als üblich erfüllen. Die Herstellung der Batterien ist so energieintensiv, dass sich ein positiver Effekt beim CO2-Ausstoß bei einer Luxuslimousine wie dem Tesla Model S erst nach acht Jahren, bei einem kleinen E-Mobil erst nach drei Jahren ergebe, zeigt eine Studie des „IVL Swedish Environmental Research Institute“ von 2017. Ein SUV mit Elektromotor verbraucht also so gesehen mehr CO2 als ein kleiner Mittelklassewagen mit Benzin- oder Dieselantrieb.

Lithium reicht noch bis 2025 – und dann?

Lithiumionen dienen in Elektroautos als Energiespeicher. Lithium ist ein endlicher Rohstoff. Die steigende Nachfrage nach Batterien wird in den nächsten Jahren den Druck auf die materiellen Ressourcen erhöhen. Es steht fest, dass das Lithium für eine hundertprozentige Elektrifizierung der Welt nicht genügt. Deutschland ist bei Lithium völlig auf Importe angewiesen, was überwiegend aus Chile, Argentinien und Bolivien kommt – und zwar von nur vier Anbietern, die den Preis mehr oder weniger frei bestimmen können. China hat davon bereits mehr als 40 Prozent verbraucht.

Die heutigen Lithium-Ionen-Akkus in Elektrofahrzeugen halten – je nach Lademethode und Nutzungsintensität – etwa fünf bis zehn Jahre, danach liegt die Leistungsfähigkeit bei nur mehr 80%. Anschließend werden sie ausgetauscht, die alten Batterien werden recycelt, um das wertvolle Lithium wieder zugewinnen. Die Batterie wird also verbrannt und zerkleinert, dann werden die Metalle mit Chemikalien gelöst – übrigens Verfahren, die mit einem sehr hohen Energieaufwand verbunden sind.

Somit wird alternativ geforscht: Autohersteller bereiten sich mit Feststoffbatterien auf die „Post-Lithium-Ära“ ab circa 2025 vor. Festkörperbatterien haben einen immensen Vorteil, denn sie können eine größere Energiedichte in einzelne Zellen packen und sind dabei kompakter und mit der Zeit billiger als herkömmliche Lithium-Ionen-Zellen. Alle Komponenten werden hier aus Phosphatverbindungen gefertigt, die chemisch und mechanisch sehr gut zusammenpassen und noch dazu recht preisgünstig zu haben sowie leicht zu verarbeiten sind. Anders als Lithium-Batterien kommt die Feststoffbatterie weitgehend ohne giftige oder bedenkliche Stoffe aus. Medien berichten, dass es bis zur Kommerzialisierung und Industrialisierung aber noch mindestens zehn Jahre dauern werde.

Woher kommt der Strom?

Der Strom muss zunächst gewonnen werden. Seit Jahrzehnten geschieht das über Kohle- und Atomkraftwerke. Problematisch ist dabei, dass diese Art der Stromgewinnung die positive Ökobilanz des Elektroautos wieder ruiniert. Elektromobilität kann also erst vorteilig sein, wenn der Strom regenerativ produziert wird. 

Übrigens: Würden wir von 100 Prozent Ökostrom leben, einem Mix aus Sonnen- und Windenergie, würden gerade einmal nur 2,5 Prozent der Gesamtfläche von Deutschland beansprucht, also etwa ein halbes Thüringen (Quelle: Tagesschau).

Der Preis ist nicht verlockend

Die Batterien sind der Hauptkostenfaktor, das steht fest, wobei sich die Autohersteller bezüglich der tatsächlichen Batteriekosten bedeckt halten. Um potentielle Käufer nicht noch unnötig zu verschrecken, geben die meisten Autohersteller eine Garantie auf die Leistungsfähigkeit der Batterie. Auch ein Leasing der Stromspeicher wird mitunter angeboten. Doch unabhängig vom Modell – die Batterien werden über die Zeit immer an Leistung verlieren – viel mehr als bei Benzinern. Dessen sollte man sich vor dem Kauf bewusst sein und genau auf die Garantievorgaben achten. Bei ungünstiger Verwendung altern Akkus schnell – ein Kapazitätsverlust von 20–30 Prozent ist i.d.R. von der Herstellergarantie ausgenommen.

Für wen sich ein Elektroauto lohnt

Das Auto an der Steckdose laden und nach wenigen Stunden einfach losfahren – klingt einfach und toll. Doch jeder einzelne muss für sich durchrechnen, ob sich ein Elektroauto künftig lohnt, also im Stadtverkehr und auf Kurzstrecken, wie etwa dem Arbeitsweg. Noch bis Mitte 2019 gewährt der Staat eine Kaufprämie für Elektroautos.

In der Großstadt lohnt sich bis dato nur ein Elektroauto, wenn man gesicherte Stromzufuhr (etwa durch den Arbeitgeber) hat. Elektroautos dürfen sich nie ganz entladen. Lässt man das Auto länger mal stehen, geschieht das jedoch. Die jetzigen Auflademöglichkeiten bieten leider noch keine zufriedenstellende, optimale Lösung. Es ist immer Selbstrecherche vonnöten, ob am Ziel eine Steckdose vorhanden ist.

Zwei Drittel der Erwerbstätigen (68 Prozent) fahren im Schnitt mit dem Pkw zum Arbeitsplatz – allein. Würde man den Fokus auf mehr Mitfahrgelegenheiten legen und bspw. wie in den USA „Fast Lanes“ schaffen für Autos mit mindestens zwei Personen, könnte man verstopfte Straßen, Staus und Verkehrsdichte weiter reduzieren. Fazit: Die Anreize sind geschaffen, aber noch nicht durchdacht. Nicht die Elektroautos allein gewährleisten eine grüne Zukunft, sondern eine überholte Infrastruktur mit neuen Konzepten.

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