Was kostet unsere Energie?

Energie

Im Preispoker von Staaten und Energiekonzernen geht eines verloren: Das Bewusstsein für einen nachhaltigen Umgang mit unserer Energie.

250 Menschen protestieren vor dem Parlament gegen Australiens "dirtiest power station" - das Braunkohlewerk Hazelwood.
Menschen in Viktoria protestieren gegen Australiens „dreckigstes“ Kraftwerk – das Braunkohlewerk Hazelwood. 2010 Takver

Australien hat der Energiewende den Rücken gekehrt. Das überrascht nicht, sitzt das Land doch auf zehn Prozent der weltweiten Kohlevorkommen. Der fossile Brennstoff ist bisher die günstigere Alternative. Ministerpräsident Tony Abbott fasste das in treffende Worte: „Wir müssen akzeptieren…, dass das gesetzte Ziel für erneuerbare Energien unter den derzeitigen wirtschaftlichen Bedingungen das System unter erheblichen Kostendruck setzt.“ Und weiter: „Kostengünstige Energie sollte eines unserer Alleinstellungsmerkmale sein.“

Wenn die Wirtschaft leidet, leiden alle

Tony Abbott ist nicht allein mit dieser Meinung. Auch in anderen Ländern regt sich Kritik – vor allem wegen der zu hohen Stromkosten, die die Energiewende mit sich bringen würde. Als Beispiel wird gerne die „abschreckende“ Entwicklung der deutschen Energiewende herangezogen. Grenzenlose Subventionen der erneuerbaren Energien seien letztlich für die steigenden Strompreise in Deutschland verantwortlich, sagen die Kritiker. Darunter leide am Ende die Wirtschaft – und deswegen alle.

Die Energiewende ist vermurkst – erneuerbarer Strom lohnt sich nicht wirklich. Das ist aber nur zum Teil richtig. Denn: Auch fossile Brennstoffe und Atomenergie werden gefördert. Und das weit länger und unter Umständen weit höher als dies bei erneuerbaren Energien der Fall ist. Ein Bericht der Süddeutschen Zeitung vom Oktober 2013 lässt vermuten wie hoch.

Die „echten“ Stromkosten, erscheinen nicht auf der Rechnung

Im vorläufigen Subventionsbericht des Energieressorts der EU sprechen die Beamten von 35 Milliarden Euro, die im Jahr 2011 in die Förderung von Atomenergie geflossen sein sollen. Die Förderung fossiler Kraftwerke mache insgesamt sogar 66 Milliarden Euro aus. Im Vergleich: Die Förderung erneuerbarer Energien in Europa beträgt 30 Milliarden Euro. In der letzten Fassung des Berichts sind die Zahlen allerdings wieder verschwunden. Sie seien „nicht gesichert“ und wurden daher gestrichen, zitiert die Süddeutsche eine Sprecherin des Energieressorts. Andere Zahlen gibt es nicht.

Ob man diese Zahlen nun als Fakten zulässt oder nicht; es stellt sich die Frage nach den „echten“ Kosten für Strom. Eine Glühbirne vier Tage lang durchbrennen zu lassen, kostet in Europa weniger als eine Packung Gummibären. 150 Liter Rohöl kosten weniger als eine Nacht in einem Mittelklasse Hotel. Es wird eine Welt geschaffen, in der es egal ist ob das Licht die ganze Nacht brennt, wie oft das Handy lädt oder ob ein Staubsauger eine Leistung von 1.400 Watt besitzt (die Energie, die ein Mensch braucht um 60 Kilometer zu laufen). Die „echten“ Kosten scheinen nicht auf der Stromrechnung auf. Sie schlagen sich in Atommüllendlagern nieder, in Fukushima, in verpesteter Luft und in Feinstaub. Die Folgen unseres Umgangs mit Energie werden nicht nur irgendwann Andere tragen müssen. Wir tragen sie schon jetzt. Und das nicht nur wenn unglücklicherweise ein Atomkraftwerk oder eine Ölplattform explodieren. Die EU-Kommission schätzt, das allein im Jahr 2010 über 400.000 Menschen in Europa an den Folgen von Luftverschmutzung gestorben sind.

Vorreiter der Energiewende stehen als Verlierer da

Wer glaubt die EU würde nun alles in Bewegung setzen, Umweltsündern den Saft abzudrehen: Leider nein. Im Januar 2014 legte sie die neuen Klima- und Energiepolitischen Ziele bis 2030 fest. Und hier kann von einer Abwende Europas von der Energiewende gesprochen werden.

Bis zum Jahr 2030 soll der Ausstoß an Treibhausgasen um 40 Prozent gesenkt werden (gemessen am Jahr 1990). Dieses Ziel, so räumt die Kommission selbst ein, wird erreicht, selbst wenn keinerlei zusätzlichen Maßnahmen zur CO2-Reduktion beschlossen werden. Die Ursprüngliche Fassung, der Plan 20-20-20, sah außerdem die Steigerung an erneuerbaren Energien von 20 Prozent für jedes Mitgliedsland vor. Der neue Fahrplan erhöht diesen Anteil zwar auf 27 Prozent, er ist aber nicht verpflichtend und gilt jetzt für die Europäische Union als Ganzes. Vorreiter wie Deutschland stehen damit als Benachteiligter da, wenn andere Länder die Kosten für die Energiewende nicht mittragen wollen. Das Gravierendste aber: War bei 20-20-20 Energieeffizienz, also der nachhaltige Umgang mit unserem Strom, noch ein konkretes Ziel – im neuen Papier ist sie aufgrund der „politischen Umstände“ schon wieder in weite Ferne gerückt (Punkt 3). Die großen Energiekonzerne dürften hier die Korken knallen lassen. Denn: Mehr Strom zu verbrauchen bedeutet mehr Strom zu verkaufen.

Die Gewinner kostengünstiger Energie sind nicht wir. Und unsere Umwelt schon gar nicht. Subventionen für Energieprojekte sind notwendig. Sie helfen neuen Ideen auf die Beine zu kommen. Doch die Kosten für die dauerhafte Preissenkung aller Energieformen lässt sich in Geld nicht mehr berechnen. Es wäre an der Zeit über den wahren Preis unseres Stroms nachzudenken. Die günstigste Kilowattstunde ist immer noch die nicht verbrauchte.

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