Wohnen aus der Tube: Das weltweit erste Haus im 3D-Druck

Produktion Technologie

In Amsterdam wird ein Haus mit einem sechs Meter hohem 3D Drucker gedruckt. Ab ersten März ist die „Baustelle“ für die Öffentlichkeit zugänglich.

So soll es ein Mal aussehen. Das erste 3D-Haus der Welt.
So soll es ein Mal aussehen. Das erste 3D-Haus der Welt. DUS-architects

Der „KamerMaker“, zu Deutsch „Raum-Macher“, ist das Herzstück des neuen Projekts von Hedwig Heinsman und Hans Vermeulen. Die beiden Architekten von „DUS architects“ haben einen sechs Meter hohen 3D- Drucker gebaut, der wiederum das erste originalgroße Haus der Welt drucken soll. Bei diesem 3D-Druckverfahren wird ein zähflüssiges Material Schicht auf Schicht aufeinander gelagert. Der „Drucker“ geht dabei nach einem digitalen Bauplan vor. So entstehen Räume ohne Sägen und Schrauben.

Zeit für Experimente

„Wir drucken die Räume stückchenweise und setzen sie danach wie Legosteine zusammen“, erklärt Hedwig Heinsman im Interview. Man sehe sich aber schon nach einem größeren Drucker um, der Räume auf ein Mal produzieren könne. Das würde den Bauprozess beschleunigen. Wann das Haus fertig sein wird, kann Heinsman allerdings nicht sagen. „Schnell ein Haus zu drucken ist nicht unser Ziel. Es geht darum Wissen zu generieren und den 3D-Druck im Gebäudebau zu verbessern. Am Ende wollen wir aber natürlich auch etwas präsentieren.“

Entwickler Sven hält die Miniaturausgabe des ersten Stücks in der Hand. Ein Fenster mit Treppenansatz.
Entwickler Sven hält die Miniaturausgabe des ersten Stücks in der Hand. Ein Fenster mit Treppenansatz. Michel Mehle

Gedruckt wird bisher mit einem Material, das zum großen Teil aus Bioplastik besteht. Die Bezeichnung Bioplastik ist leicht irreführend, denn das Haus ist natürlich nicht kompostierbar. Das Material besteht aber zum großen Teil aus erneuerbaren Rohstoffen, was ihm seine Bezeichnung einbringt. Das erste Stück des 3D-Hauses, das derzeit im „KamerMaker“ auf Fertigstellung wartet, bildet eine Stiege mit dazugehöriger Wand. Die Druckerfarbe ist Schwarz. „Das wird aber nicht so bleiben“, sagt Heinsman. „Wir haben eine Förderzeit von drei Jahren. In diesem Zeitraum wollen wir mit verschiedenen Farben, Materialien und Verfahren experimentieren. Wir versuchen möglichst wenige Stücke auszutauschen, damit am Ende der gesamte Prozess vom ersten bis zum letzten Stück sichtbar wird.“

Der "KamerMaker" von Innen (und Oben).
Der „KamerMaker“ von Innen (und Oben). DUS-architects

In Zukunft wird „gedruckt“

Damit das gelingt, haben DUS architects wichtige Partner für ihr Projekt gewonnen. In Materialfragen werden sie von Henkel unterstützt, dass weltweit für Klebstoff-Technologien bekannt ist. Das Know-How für Konstruktionstechniken bietet Heijmans, eine der größten Baufirmen der Niederlande. Darüber hinaus erhält das Projekt Unterstützung der Stadt Amsterdam und ihrer Smartcities-Partner. Mit dem 3D-Haus soll aber auch Geld eingenommen werden. Ab 1. März wird die Baustelle für die Öffentlichkeit zugänglich. Durch einen Eintrittspreis soll ein Teil der Kosten für das Projekt wieder eingespielt werden.

Das Team von DUS-architects Hedwig Heinsman (2.v.l.) und Hans Vemeulen (3.v.l.) mit ihren Projektpartnern.
Das Team von DUS-architects Hedwig Heinsman (2.v.l.) und Hans Vemeulen (3.v.l.) mit ihren Projektpartnern. DUS-architects

Auch wenn das Kanalhaus die Art zu Bauen nach Heinsman „nicht revolutionieren soll“: Sie und ihr Kollege Hans Vermeulen sehen die Zukunft des 3D-Drucks im Gebäudebau gekommen: „Stell dir vor, ein Architekt lädt sein Design auf eine Plattform hoch. Jemand der z.B. ein Badezimmer drucken will, kann dann zwischen verschiedenen Designs wählen und sich drucken lassen, was ihm am besten gefällt“. Es wäre auch denkbar, dass Objekte, die nicht mehr gefallen, eingeschmolzen und in einer anderen Form neu ausgedruckt werden können. Mit dem 3D-Kanalhaus wollen die Architekten dazu beitragen, dass diese Zukunft bald Realität werden könnte.

Hintergrund 3D-Druck im Gebäudebau:

Der 3D-Druck ist in den 80er Jahren unter dem Oberbegriff „Werkzeuglose Fertigung“ bekannt geworden und wurde vor allem zur schnellen Produktion von Design-Prototypen verwendet. Mittlerweile gibt es verschiedenste Verfahren des 3D-Drucks, die mit Kunststoffen, Holz oder Metallen arbeiten. Im Gebäudebau entwickelte Dr. Behrokh Khoshnevis von der University of Southern California ein Verfahren, bei dem Dickflüssige Baumaterialien wie Beton, Sandgemische oder Lehm über ein Gerüst Schicht für Schicht nach einem digitalen 3D Modell aufgebaut werden. Das Verfahren ist unter dem Begriff „Contour Crafting“ bekannt und wird unter anderem von der NASA erforscht, um Gebäudestrukturen auf dem Mond zu entwickeln. Ein weiteres mögliches Einsatzfeld für Häuser im Schnelldruckverfahren bieten Notunterkünfte. Sofern die notwendige Infrastruktur vorhanden ist, könne ein Haus in weniger als 24 Stunden gebaut werden, sagt der Wissenschaftler Khoshnevis in diesem Video. Eine weitere Möglichkeit des 3D-Drucks im Gebäudebau ist der Fertigung auf Kunststoffbasis wie beim 3D-Kanalhaus von „DUS architects“.

Fotos: DUS-architects, Michel Mehle

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