Gleichstromnetze: Der Schlüssel zu einem flexiblen Stromsystem

Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen und Heimspeichersysteme machen unser Stromsystem flexibler. Es könnte der Durchbruch einer bekannten Technologie sein: Gleichstromnetze.

Das deutsche Auto könnte bald weniger als Statussymbol und mehr als Energiespeicher dienen. Schon heute lassen sich E-Autos kostengünstig über die Photovoltaikanlage auf dem Dach aufladen. Wenn Elektroautos eines Tages Energie freisetzen (was technisch bereits möglich ist), könnten sie viel enger mit dem Smart Home und einer effizienteren Ressourcennutzung verknüpft werden. Das Gleiche gilt bereits für Wärmepumpen.

Laut einer Studie von „Agora Energiewende“ könnten die Haushalte in Deutschland bis 2035 rund 100 Terawattstunden Strom, also fast 15 % des Stromverbrauchs, zeitlich flexibel nutzen. Das Gleichstromnetz ist dabei zentral. Gleichstromnetze könnten die Effizienz und Flexibilität dieser Technologien erhöhen, indem sie die direkte Nutzung des erzeugten Gleichstroms ermöglichen und Umwandlungsverluste reduzieren. Dies würde die Gesamteffizienz des Energiesystems erhöhen.

Gleichstromnetze für die deutsche Industrie

Das ist nicht nur für Haushalte, sondern auch für die Industrie interessant. „Gleichstrom aus erneuerbaren Energien kann leicht in die Produktion integriert werden und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zu mehr Energie- und Ressourceneffizienz leisten“, sagt Prof. Dr. Holger Borcherding von der Hochschule Ostwestfalen-Lippe und wissenschaftlicher Leiter des Forschungsprojekts DC-INDUSTRIE2.

Seit 2016 arbeiten mehr als 40 Unternehmen und Forschungseinrichtungen in den Projekten DC-INDUSTRIE und DC-INDUSTRIE2 an Lösungen, um das Potenzial der Gleichstromtechnologie für industrielle Produktionsanlagen zu nutzen. In zehn Modellanlagen und Transferzentren wurde die Technologie bereits erfolgreich getestet und angewendet. „Die Effizienz im Vergleich zu Wechselstrom ist beeindruckend: Wir konnten bei einigen Anwendungen bis zu 20 Prozent Energie einsparen und den Kupferverbrauch in den Kabeln um die Hälfte reduzieren“, sagt Borcherding.

Gleichstrom auf dem Vormarsch in Europa

Im Jahr 2022 gründete der Verband der Elektro- und Digitalindustrie die Open Direct Current Alliance (ODCA), an der 33 Unternehmen aus Industrie, Wissenschaft und Forschung beteiligt sind. Ziel ist es, ein globales Gleichstrom-Ökosystem aufzubauen und die Gleichstromtechnologie anwendungsübergreifend zu etablieren. Eine ähnliche Initiative kommt vom Österreichischen Verband für Elektrotechnik (OVE). Seine Gleichstrominitiative hat sich zum Ziel gesetzt, österreichische Unternehmen bei der Entwicklung und Erforschung von Gleichstromprodukten technologisch zu unterstützen. Damit soll ein Beitrag zur Erhaltung der europäischen Infrastrukturhoheit bei der zukünftigen Nutzung von Gleichstromnetzen geleistet werden.

 

Diese Initiativen sind in ganz Europa zu beobachten. Zum Beispiel das von Philips Electronics Nederland BV koordinierte Projekt DCC+G, die europaweiten Horizon Europe Projekte TIGON und READY4DC oder das deutsche Projekt eMobiGrid. In Österreich erforscht das NEFI-Projekt „Austrian DC Pilot Factory“ die Vorteile von Gleichstrom beim Maschinenhersteller „Fill“ in Oberösterreich. Das Unternehmen beschäftigt über 1.000 Mitarbeiter. In einem Pilotversuch wird die Elektrofahrzeugflotte von Fill Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage beziehen und zu Spitzenzeiten in die Produktion einspeisen.

Die Zukunft des Gleichstroms verstehen

Beim NEFI-Technologiegespräch am 23. Januar sprechen Experten aus Industrie, Forschung und Verwaltung über das Potenzial von Gleichstrom für die Wirtschaft. Mit dabei sind unter anderem Vertreter des österreichischen DC-Pilotfabrikprojekts, des OVE mit seiner DC-Initiative und der deutschen DC-Industrieinitiative. Die Veranstaltung ist kostenlos. Den Anmeldelink und das Referentenpanel finden Sie hier. https://www.nefi.at/de/news-detail/nefi-technology-talk-dc-industry Wir freuen uns auf Ihr Kommen und einen regen Austausch!