EU-Bürgerinitiative: Wird Wasser jetzt verstaatlicht?
Das EU Parlament hat entschieden. Der Zugang zu Wasser soll ein Menschenrecht sein. Welche Folgen hat diese Entscheidung für die Länder in Europa?
„Es mangelt an Ehrgeiz und trägt den vorgebrachten Forderungen nicht Rechnung.“ So fertigte das EU Parlament am 08. September 2015 die Antwort der Europäischen Kommission auf die erste erfolgreiche Bürgerinitiative für Europa ab. Die Kommission, so die Berichterstatterin Lynn Boylan (GUE/NGL, IE), habe keine Gesetzesvorschläge vorgelegt, mit denen der allgemeine Zugang zu und das Menschenrecht auf Wasser anerkannt und dementsprechende rechtliche Vorgaben für die gesamte EU gemacht werden würden.
Doch die Entscheidung des Parlaments war knapp. Zwar wurde Boylans Bericht mit 363 Stimmen bei 96 Gegenstimmen und 261 Enthaltungen angenommen. Ein zuvor eingebrachter Gegenvorschlag der Konservativen wurde aber nur um 40 von 690 eingereichten Stimmen abgelehnt. Das zeigt, wie gespalten das EU Parlament in der Frage der Privatisierung der Wasserversorgung in Europa ist.
Kommt jetzt ein EU-Gesetz zur Verstaatlichung von Wasser?
Nein. Das Parlament ist in der Lage Druck auf die Europäische Kommission auszuüben. Die Macht ein Gesetz auf den Weg zu bringen hat aber allein die Kommission inne. Und die sagt, dass die Privatisierung weiterhin Ländersache bleiben soll. Das hält außerdem auch das Parlament in seiner abschließenden Erklärung fest. Ein EU-Gesetz, dass die Verstaatlichung der Europäischen Wasserversorgung bestimmt, kommt sicherlich nicht.
Dennoch könnte sich jetzt einiges ändern. Das Parlament fordert die Kommission auf den allgemeine Zugang zu und das Menschenrecht auf Wasser anzuerkennen. Außerdem sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass alle Bürger unabhängig vom Wasserversorgungsunternehmen Zugang zu Wasser haben, und zu diesem Zweck dafür sorgen müssen, dass die Unternehmen sicheres Trinkwasser und eine verbesserte Abwasserentsorgung bereitstellen.
Was folgt aus dem Beschluss des Parlaments?
Würden entsprechende Gesetze umgesetzt, müsste Wasser leistbar bleiben – das bedeutet, dass nicht mehr als drei Prozent des Haushaltseinkommens für Wasserzahlungen aufgewendet werden dürften. Außerdem müsste sich auch die Qualität des Wassers verbessern. Konkret könnten Wasseranbieter auch verpflichtet werden die physikalisch-chemischen Eigenschaften auf der Wasserrechnung anzugeben. Zuletzt müssten viele Städte mit hohen Wasserverlusten (aufgrund veralteter und schlecht gewarteter Leitungssysteme) wie etwa Rom oder London mehr Geld in ihre Abwasserinfrastruktur investieren.
Die Bürgerinitiative „Right2Water“ ist historisch. Zum einen, weil sie die erste erfolgreiche Bürgerinitiative in der Geschichte der EU ist. Zum anderen, weil sie die größte bisherige Petition für eine bessere Wasserversorgung darstellt – fast zwei Millionen Menschen haben sie unterschrieben. Die EU wird sie ernst nehmen müssen.
Foto Titel: (c) William Murphy – no changes made
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